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Innenstädte neu denken: Von der Einkaufsstraße zum Begegnungsort


Unsere Innenstädte befinden sich im Wandel. Pandemie, zunehmender Onlinehandel und steigende Mieten führen zu Leerständen und einer schwindenden Vielfalt in den Einkaufsstraßen. Doch wie können wir öde Innenstädte mit Hilfe der Politik in Begegnungsorte verwandeln? Wir haben Kari Lenke, stellvertretende Landesvorsitzende der Jusos Berlin, gefragt.

Kari Lenke, stellvertretende Landesvorsitzende der Jusos Berlin

Im Rahmen unserer Aktionsmonate für mehr lokale Ladenvielfalt haben wir uns bei nebenan.de schon häufiger die Frage gestellt, wie wir die Zukunft unserer Innenstädte aktiv mitgestalten und Gewerbe-Vielfalt erhalten können. 2022 wurden diese und weitere Fragen in unserer Online-Podiumsdiskussion heiß diskutiert. Kari Lenke ist Bürgerdeputierte und stellvertretende Landesvorsitzende der Jusos Berlin. Als Bezirksverordnete für die SPD-Fraktion Tempelhof-Schöneberg forderte sie bereits im letzten Jahr individuelle Lösungen für vielfältige Innenstädte und ist nach wie vor überzeugt, dass nur inklusive, individuelle und ganzheitliche Konzepte unsere Innenstädte krisensicher und zukunftsfest machen. Wie wir diesen Wandel gemeinschaftlich und nachhaltig vorantreiben können, erzählt uns Kari Lenke im Interview.

Die Entwicklungen unserer Innenstädte stehen in einem größeren Kontext und müssen ganzheitlicher betrachtet werden.

Wie können Kieze und Innenstädte krisen- und zukunftssicher gestaltet werden?

Kari Lenke: Wir müssen uns zusammentun, denn Kieze und Innenstädte können wir nur dann krisensicherer und zukunftsfest gestalten, wenn alle gemeinsam an runden Tischen Konzepte entwickeln. Dazu sollten:

  • Einzelhändler:innen,

  • Unternehmens-  und Geschäftsstraßen Netzwerke,

  • Kommunalpolitiker:innen,

  • Kund:innen sowie Anwohner:innen

im Rahmen einer aktiven Bürger:innenbeteiligung zusammenkommen.

Im Rahmen von Bürger:innenbeteiligungsverfahren kannst du mit Politiker:innen und anderen Entscheidungsträgern ins Gespräch kommen und deine Nachbarschaft aktiv mitgestalten.

Gemeinsam mit Unternehmensinitiativen arbeiten wir z. B. an der attraktiven Gestaltung von Straßen. In Netzwerken liegt die Chance, gemeinsam den Wandel zu gestalten. So gibt es beispielsweise sogenannte Microhubs, die an der Autobahnausfahrt von größeren Lieferunternehmen angesteuert werden und die Waren dort in kleinere Fahrzeuge oder Lastenfahrräder verladen werden, um Wirtschaftsverkehr sinnvoll und umweltfreundlich zu bündeln.

Welche Maßnahmen sind erforderlich, um kleine und mittelständische Unternehmen zu unterstützen und ihre Existenz zu sichern?

Kari Lenke: Wir setzen uns zum Beispiel für die Regulierung von Gewerbemieten ein oder verbessern mit sogenannten Handwerksmeilen die Bedingungen für kleine (Handwerks-)Betriebe, die sonst aus Innenstädten vertrieben werden würden. Das alles geht für uns Hand in Hand mit Aspekten der Nachhaltigkeit und guter Arbeitsmarktpolitik.

Wir unterstützen insbesondere solche Gewerbe, die sich der „Charta der Vielfalt“ und den Maßstäben der Guten Arbeit angeschlossen haben und/oder von Frauen und queeren Personen geführt werden.

Wie können Begegnungsorte in Innenstädten geschaffen werden?

Kari Lenke:  Bei der Diskussion um die 

Zukunft unserer Innenstädte darf nicht nur über den Erhalt von Gewerbe gesprochen werden. Wir müssen Straßen und Plätze als öffentlichen Raum ganzheitlich betrachten, Begegnungsorte schaffen und für alle Menschen einladender Ort zum Verweilen werden. 

Dabei müssen vor allem auch benachteiligte und diskriminierte Gruppen oder Minderheiten zentral in die Planungen einbezogen werden. Innenstädte sollen Menschen aller Generationen, Herkünfte, gesellschaftlichen Schichten, mit oder ohne Behinderungen zusammenbringen und ihnen einen Raum bieten.

Wir müssen auch unsere Perspektive erweitern und Gestaltungsformen überdenken. So sollten Innenstädten mit weniger Fokus auf die Geschäfte, sondern mehr für den öffentlichen Raum drumherum geplant werden. Chancen bieten beispielsweise Maßnahmen, die die Mobilität und Atmosphäre der Stadt neu denken:

  • Fahrradstraßen und verkehrsberuhigte Zonen machen unsere Straßen lebendig.

  • Weniger privater Autoverkehr schafft mehr Platz für andere Mobilitätsformen.

  • Auch eine Begrünung der Innenstädte ist nicht nur gut für das Stadtklima, sondern lädt auch zum Verweilen ein.

  • Neben einer lebendigen Gewerbestruktur braucht es deshalb auch Sitzmöglichkeiten sowie Orte für Sport und Kultur.

In einer Stadt der kurzen Wege ist der lokale Kiez zentraler Ort der Lebensgestaltung und muss so alle Aspekte abdecken.

Wie stellst du dir die Zukunft deiner Nachbarschaft vor? Teile deine Vision mit deinen Nachbar:innen und finde Gleichgesinnte, mit denen du deine Ideen gemeinsam in die Tat umsetzen kannst.

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Charlotte Theill | nebenan.de

Charlotte verstärkt das Content Marketing Team von nebenan.de seit August 2020. Nach Abschluss ihres Masterstudiums Umweltinformation an der Berliner Hochschule für Technik schreibt sie freiberuflich für uns.