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Lesefest für Nachbarn: André entdeckt neue Seiten seiner Nachbarschaft


Als André erfährt, dass es in seinem Veedel in Köln ein Schreibhaus für Autoren gibt, packt ihn die Neugier. Bei ihm um die Ecke entstehen neue Romane, Krimis und Theaterstücke. Das sollen alle Nachbarn mitbekommen – bei einem Lesefest.

André aus Köln (Bild: privat)

An einem warmen Samstagnachmittag im September sind die Straßen im Pantaleonsviertel in Köln voller Menschen. Hier treffen sich heute André und seine Nachbarn zum Lesefest in ihrem Veedel.

Theaterregisseur André ist im Viertel geboren und aufgewachsen. Nach einigen Studienjahren in der Ferne ist er mit seiner eigenen Familie wieder ins Kölner Pantaleonsviertel zurückgekehrt. „Hier bin ich einfach zuhause“, erklärt er.

Während seiner Abwesenheit hat sich in seiner Nachbarschaft einiges verändert – bekannte Gesichter trifft er seit seiner Rückkehr nur noch selten auf den Straßen.

„Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben hier alle Kneipen zugemacht, in denen ich früher mit meinen Bekannten und Nachbarn so manches Bier getrunken habe“, erzählt André. Er findet es schade, dass es keinen richtigen Begegnungsort im Veedel mehr gibt, wo er auch im Alltag ab und zu mit Leuten zusammenkommen kann.

Lesefest von Nachbarn für Nachbarn

Als ihm ein Nachbar von einem „Schreibhaus“ für Autoren in der Nachbarschaft erzählt, ist Andrés Neugier sofort geweckt. Von einem Schreibhaus hat er noch nie gehört. Ein Schreibhaus ist ein Ort für Autoren, an den sie sich über Wochen oder Monate zurückziehen können, um an ihren Texten zu schreiben. André findet: „Wenn schon mal etwas so Kreatives passiert in der Nachbarschaft, dann sollen es auch alle mitbekommen!“

Sein Nachbar hat die Idee zu einem Lesefest: Ein Fest von Nachbarn für Nachbarn mit Lesungen der verschiedenen Autoren aus dem Schreibhaus, an unterschiedlichen Orten in der ganzen Nachbarschaft. André ist sofort Feuer und Flamme.

Die beiden Nachbarn stecken die Köpfe zusammen und nehmen Kontakt mit dem Schreibhaus auf. Die Idee kommt gut an und die Lesefest-Planung nimmt schnell Fahrt auf. Fünf weitere Nachbarn schließen sich der Organisation an.

Eine Galerie und eine Schreinerei aus der Straße stellen ihre Räumlichkeiten zur Verfügung, ein paar Nachbarn wollen ihre Wohnzimmer für Lesungen öffnen, sogar das Kloster am Ende der Straße macht mit. André ist begeistert von so viel Engagement in seiner Straße und hofft auf einen Tag voller Begegnungen:

So können wir uns auch gegenseitig in der Nachbarschaft wieder besser kennenlernen.

Als der grobe Plan steht, informiert er seine Nachbarn auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de über das Lesefest:

(Screenshot: nebenan.de)

„Liebe Nachbarn in der Steinstraße,

seit Anfang des Jahres unterhält das Kölner Literaturhaus in der Steinstraße 12 einen Schreibraum, in dem Autorinnen und Autoren in Ruhe schreiben und gemeinsam arbeiten können.

Neugierig, was da so entsteht in unserer Straße haben wir sie eingeladen, uns aus ihren Werken vorzulesen. Und nicht nur uns, sondern allen Nachbarn, öffentlich, in unseren Gärten und Höfen, Büros oder Werkstätten.

Samstagnachmittag am 8. September. Ab 13:30 Uhr“

Kultur in der Nachbarschaft

Am 8. September 2018 ist es dann soweit: Die ganze Nachbarschaft kommt zusammen und ist neugierig auf die literarischen Schätze, die in ihrem Veedel hinter den verschlossenen Türen des Schreibhauses entstehen.

„Alle Begegnungsorte waren gut besucht, manche fast zu gut“, erinnert sich André. Die Mischung aus Kulturveranstaltung und Nachbarschaftsfest kommt gut an – Nachbarn und Autoren begegnen sich unkompliziert und kommen schnell ins Gespräch.

Besonders die Lesung bei den Ordensschwestern aus dem Kloster hat André fasziniert. Anfangs waren alle Gäste sehr ehrfürchtig. Aber während der Lesung lacht die betagte Ordensschwester am wärmsten und lautesten, sodass das Eis schnell gebrochen ist. „Ohne das Lesefest wäre so ein Kontakt zwischen Nachbarn und Ordensschwestern nie zustande gekommen.“

Mehr Raum für Begegnung

André ist mit dem Fest zufrieden, aber er weiß auch: Nicht die ganze Nachbarschaft war dabei. Deshalb will er mit seinen Nachbarn auch in Zukunft Feste veranstalten und Begegnungsorte schaffen. "Die Menschen hier im Viertel sind sehr divers", erklärt André: Alteingesessene, Handwerker, junge Akademikerfamilien und nicht zu vergessen die Ordensschwestern aus dem Kloster.

Die begegnen sich nicht von alleine, dafür braucht es soziale Begegnungsorte wie Feste und Veranstaltungen.

Früher gab es in seiner Nachbarschaft ein Veedelsfest, mit Bierwagen und allem Drum und Dran. Das hat laut André eine große Lücke hinterlassen, die es zu füllen gilt. Das Lesefest war ein erster Versuch und wird sicher nicht der letzte bleiben. „Wir haben viele Ideen für zukünftige Veranstaltungen!“

André hat einen Traum für seine Nachbarschaft: Er möchte gerne in einer der leerstehenden Eckkneipen einen Nachbarschaftstreff einrichten. Er denkt sogar darüber nach, einen Nachbarschaftsverein zu gründen. „Das wäre sehr schön und würde unserem Viertel guttun.“

Tipp: Am 24. Mai 2019 findet wieder bundesweit der "Tag der Nachbarn" mit tausenden kleinen und großen Nachbarschaftsfesten statt, initiiert von der nebenan.de Stiftung. Jetzt schon mal im Kalender vormerken!

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Alle Geschichten des nebenan.de Adventskalenders findest du täglich neu unter magazin.nebenan.de/adventskalender.


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Johanna Falkenstein | nebenan.de

Johanna unterstützt das Kommunikationsteam von nebenan.de seit April 2018. Unter anderem beschäftigt sie sich mit Begegnungsformaten in der Nachbarschaft – online und offline.