Bild: nebenan.de / JFR Creatives
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Darum setzt nebenan.de auf freiwillige Förderbeiträge


Wie kann die Nachbarschaftsplattform nebenan.de kostenlos bleiben und trotzdem langfristig finanziert werden? Gründer Christian Vollmann erzählt im Interview, warum er auf ein alternatives Geschäftsmodell setzt und welche Rolle zufriedene Nutzer dabei spielen.

Christian Vollmann (Bild: nebenan.de)

Christian Vollmann ist einer der Gründer der Nachbarschaftsplattform nebenan.de.

2015 ist das soziale Netzwerk für Nachbarn als Social Start-Up gestartet; mittlerweile hat es 1,6 Millionen Mitglieder deutschlandweit (Stand April 2020).

Betrieben wird nebenan.de von der Good Hood GmbH, deren Geschäftsführer Christian Vollmann, Ina Remmers und Till Behnke sind.

Christian, am Wochenende habt ihr die Nutzer von nebenan.de aufgefordert, die Plattform mit einem Förderbeitrag zu unterstützen. Warum?

nebenan.de ist für alle privaten Nachbarn kostenlos und soll es auch bleiben. Gute Nachbarschaft darf keine Frage des Geldbeutels sein – uns ist wichtig, dass auch Personen mit niedrigem Einkommen nebenan.de nutzen können, um sich in der Nachbarschaft zu vernetzen.

Gleichzeitig verursacht der Betrieb einer Plattform wie nebenan.de Kosten. Für Server, für unser Team (wir beschäftigen mittlerweile rund 80 Mitarbeiter), für unsere IT-Sicherheit u.v.m. Alleine für unsere Server geben wir monatlich einen 5-stelligen Betrag aus.

Unser Förder-Modell ist eine wichtige Säule, um Teile unserer Kosten zu decken. Wer gute Erfahrungen bei nebenan.de gemacht hat und der Meinung ist, dass unsere Plattform sinnvoll ist, kann uns mit einem kleinen monatlichen Beitrag unterstützen.

Wie wirkt sich die Corona-Krise auf eure Finanzierung aus?

Seit Ausbruch der Krise ist die Relevanz von guter Nachbarschaft sehr deutlich geworden. Das hat sich auch bei nebenan.de bemerkbar gemacht: Unsere Anmeldezahlen haben sich zeitweise verfünffacht und die Aktivität auf der Plattform stieg deutlich an. Das freut uns sehr – insbesondere weil das Thema "Nachbarschaftshilfe” inhaltlich klar im Vordergrund stand.

Mehr Nutzer und mehr Aktivität auf der Plattform bedeuten für uns allerdings keinesfalls mehr Einnahmen. Im Gegenteil: Wir stehen eher gestiegenen Kosten gegenüber. Ein kleines Beispiel: Unser Hilfe-Team hat innerhalb der letzten Wochen 4-mal so viele Postkarten zur Adressverifizierung verschickt und doppelt so viele Hilfe-Anfragen wie üblich beantwortet.

Gleichzeitig bieten wir einige unserer Services, mit denen wir sonst Kosten decken, angesichts der Corona-Krise kostenlos an: Unser Profil für lokale Gewerbe gibt es derzeit 3 Monate unentgeltlich. Damit greifen wir den bedrohten Einzelhändlern unter die Arme. Städte und Kommunen können unser “Organisationsprofil” kostenlos für ihre Bürgerkommunikation nutzen.

Zusätzlich haben wir mehrere Aktionen gestartet, um Betroffenen zu helfen: Auf unserer Aktionsseite kaufnebenan.de zum Beispiel haben Nachbarn schon über 1,2 Mio. € für ihre Lieblingsläden gesammelt. Diese Gelder geben wir direkt an die Gewerbetreibenden weiter. nebenan.de verdient daran keinen Cent – unser Team steckt aber viele Ressourcen in den Aufbau und die Abwicklung solcher Aktionen.

Wie viele Nachbarn fördern nebenan.de bereits?

Ich freue mich sehr, dass seit dem Wochenende über 1.000 neue Förderer dazu gekommen sind, die uns im Schnitt mit 3 bis 5 € pro Monat fördern. Insgesamt unterstützen uns etwa 1 % unserer Nutzer mit einem monatlichen Beitrag. Um langfristig bestehen zu können, möchten wir diesen Anteil gerne weiter ausbauen.

Die Rückmeldungen, die uns gerade erreichen, sind sehr motivierend. Zwei Nachbarn schreiben zum Beispiel:

Vielen, vielen Dank für euren Einsatz und eure Aktionen. Für mich ist nebenan.de wirklich eine Plattform, die Zukunft gestaltet, so wie wir sie brauchen. Ihr seid für mich ein leuchtendes Beispiel für eine lebenswerte Zukunft!
Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, Kontakt zu anderen Menschen im direkten Umfeld zu haben. Von daher brauchen wir eine Plattform wie diese! Dass dies nicht zum Nulltarif laufen kann, sollte jedem klar sein.

Viele Menschen in Deutschland kritisieren, wie intransparent die datengetriebenen Geschäftsmodelle der großen Internetkonzerne sind. Wir verkaufen die Daten unserer Nutzer:innen nicht an Dritte. Trotzdem wollen wir für Privatpersonen weiterhin kostenlos bleiben.

Welche anderen Einnahmequellen habt ihr?

Wir verfolgen ein Geschäftsmodell, bei dem alle Akteure der Nachbarschaft einen Beitrag leisten: private Nachbar:innen, gemeinnützige Organisationen, kommunale Träger und lokale Gewerbe. Gemeinsam formen sie das „Ökosystem Nachbarschaft”. Als Start-Up werden wir zudem weiterhin von Investoren unterstützt, dazu gehört der Burda Verlag. Wir wollen und müssen aber mittelfristig finanziell auf eigenen Beinen stehen. Dabei sind Werbeeinnahmen ein zusätzlicher und notwendiger Einkommensstrom, um unsere Kosten zu decken. Mehr darüber, wie sich nebenan.de finanziert, erfährst du hier.

nebenan.de versteht sich als Sozialunternehmen. Dieser Begriff ist noch relativ neu und in Deutschland weniger verbreitet als in anderen Ländern. Was macht nebenan.de zum Sozialunternehmen?

Sozialunternehmen (auch Social Businesses genannt) sind Firmen, denen der soziale Nutzen eines Produkts wichtiger ist als die Gewinnerzielung. Bei nebenan.de werden die Bedürfnisse der Nutzer immer an erster Stelle stehen.

Wir möchten in Zukunft noch besser messen und öffentlich machen, welche gesellschaftliche Wirkung unsere Plattform hat. Dazu werden wir in Kürze unseren „Social Impact Report” (Wirkungsbericht) für 2019 vorstellen. Dort berücksichtigen wir zum Beispiel, inwiefern die Nutzung von nebenan.de dazu beiträgt, dass Nachbarn einander vertrauen oder bereit sind, sich in Notlagen zu unterstützen.

Mein Mitgründer Till war übrigens in diesem Jahr bei den German Startup Awards als “Bester Social Entrepreneur” nominiert, darüber haben wir uns sehr gefreut.

Vielen Dank!

Update zum Finanzierungsmodell: Im April 2021 haben wir das Finanzierungsmodell um zwei weitere Säulen ergänzt. Alle Infos dazu gibt es hier


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Hannah Kappes | nebenan.de

Hannah Kappes arbeitete bis Juni 2023 im Kommunikationsteam von nebenan.de.