Nach dem Verlust ihres Mannes vor drei Jahren fällt die verwitwete Seniorin Regina aus Berlin Steglitz in eine tiefe Depression. Ihr fehlt etwas, das ihr „einen Schubs gibt", das sie fordert und motiviert, weiter zu machen. Die Erinnerung an ihre Kindheit, in der sie ihr Faible für Hunde entdeckt hatte, bringt sie auf die Idee, sich einen liebenswerten Vierbeiner anzuschaffen. Nach einer kurzen Internetrecherche, welche Hunderasse in Frage kommt, stößt sie auf die Rasse Maltipoo - fröhlich, aufgeweckt, gehorsam und für Senior:innen geeignet – „perfekt!", denkt sie begeistert.
Über einen Aufruf auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de findet sie ihre neue Lebenskameradin Bahita. „Es war Liebe auf den ersten Blick!", erzählt Regina. Unter Berücksichtigung ihres Alters ist ihr allerdings a priori bewusst: Sie möchte vermeiden, dass das Tier ausschließlich von ihr abhängig wird. Sie entschließt sich auf nebenan.de nach Nachbarschaftshilfe zu suchen und findet ein paar interessierte Hundeliebhaber:innen. Zwei Abiturientinnen, die nur ein paar Straßen weiter wohnen, möchten gerne ab und zu mit ihrer liebenswürdigen Hündin Gassi gehen. Ab dem Zeitpunkt geht es bergauf, die Seniorin sieht ein Licht am Ende des Tunnels.
Das Schicksal schlägt zweimal zu
Der nächste Schicksalsschlag trifft Regina allerdings schon sehr bald. Eines Morgens, kurz vor Weihnachten, wacht sie mit starken Schmerzen im linken Bein und einem dicken Knie auf. Panisch stellt sie fest, dass sie nicht aufstehen kann. Kapselriss im linken Knie lautet die Diagnose, „mindestens sechs Wochen aussetzen” der Rat vom Arzt. Ihr schießen ihre lieben Nachbar:innen durch den Kopf. Es stellt sich jedoch heraus, dass die zwei Abiturientinnen leider auch keine Zeit mehr haben, sich umfangreich um den kleinen Vierbeiner zu kümmern. „Und was ist mit Bahita?" – sorgt sich die Seniorin.
Regina ist eine von vielen Senior:innen, die mit großen Herausforderungen konfrontiert sind:
Sechs Millionen Menschen ab 65 Jahren wohnen allein, das ist jede dritte Person (34 %) in dieser Altersgruppe. In der Alterskohorte 85plus ist gut jede zweite Person (56 %) ganz auf sich allein gestellt. Viele ältere Menschen bleiben einsam zurück, wenn ihr:e Partner:innen sterben und sind immer öfter im Alltag auf kleine Hilfen angewiesen. Isolation, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit nehmen unter den Betroffenen drastisch zu. Im Jahr 2022 gaben in der Altersgruppe 65plus noch fast zwei Drittel (62 %) an, eine:n Partner:in zu haben, in der Altersgruppe 85plus waren es nur noch gut ein Drittel (36 %) (Destatis, 2022).
Nachbarschaftshilfe sorgt für große Rührung
Kurzerhand beschließt Regina, erneut Unterstützung auf nebenan.de zu suchen und startet einen Aufruf in der Nachbarschaft:
„Hundebegleitung
Jahrelang ging alles gut – bis ich meinte, schwere Einkäufe hochtragen zu müssen. Kapselriss im linken Knie, was sehr schmerzhaft und langwierig ist. Leider haben meine lieben Dogwalker für meinen süßen Maltipoo nun keine Zeit mehr. Deshalb suche ich für 1 Mal täglich jemanden, der mit ihr eine Runde Gassi geht.“
Ich habe 15 Antworten bekommen, das hat mich so erschlagen, ich war so baff. Auch als ich mich schon längst bedankt hatte, erhielt ich weiterhin Hilfsangebote. Ich habe so viel Zuwendung erfahren und war tatsächlich die ganze Woche abgedeckt und das war fantastisch.
Seitdem gehen regelmäßig zwei liebe Nachbar:innen, Birgit und Uwe, mit der lebensfreudigen Bahita Gassi. Die Fellnase überschlägt sich bei jedem Wiedersehen vor Freude. Obwohl sich Regina mittlerweile mit zwei Gehstützen bedeutend besser fortbewegen kann, unterstützen sie die beiden weiterhin beim Hundesitten, zum Beispiel während sie einkaufen geht. Bahita ist ihnen stark ans Herz gewachsen, „da ist so eine richtige Freundschaft entstanden.", erzählt die Seniorin.
Traut euch!
Regina hat ihre Geschichte mit uns geteilt und möchte damit anderen Betroffenen Mut machen, um Hilfe zu bitten. Denn sie weiß nun, dass zwei Paar unterstützende Hände äußerst wertvoll sind und den Weg aus einer Notlage heraus formen können. Hier sind ihre Tipps für alle, die Hilfe in der Nachbarschaft suchen:
„Traut euch!"
Es mag Überwindung kosten, allerdings ist nichts Beschämendes daran, Unterstützung zu benötigen und dies zu verbalisieren. Gemeinsam sind wir stark und alle Menschen benötigen ab und an Hilfe. Regina legt den Nachbar:innen ans Herz: „Lasst euch nicht unterkriegen, auch wenn einmal eine Reaktion kommt, die ihr nicht erwartet habt. Die Hilfsbereitschaft war enorm."
Es kommt auf den Ton an.
„Eine große Rolle spielt, wie man um Hilfe bittet, es kommt auf den Ton an und darauf, ob man etwas einfordert oder darum bittet. Normalerweise schallt bei einer freundlichen Anfrage ein positives Echo zurück." Ihre Hilfeaufrufe haben Reginas Leben positiv verändert, berichtet sie dankbar.
Reginas bewegende Geschichte verdeutlicht, dass du die Hoffnung nicht aufgeben und dich trauen solltest, auch wenn du dich zeitweise extrem alleine fühlst und dich Zweifel überkommen. Denn: Es gibt zahlreiche Menschen in deiner Umgebung, die du noch nicht kennst, die hilfsbereit und an ihren Mitmenschen interessiert sind.
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