Baäckerei Team der Backstube in Kreuzberg
Bild: Die Backstube Vollkorn Bäckerei GmbH

Nachbar:innen starten Rettungsaktion für die Kreuzberger „Backstube"


Lockdowns und ständig neue Regelungen: Lokale Gewerbe haben es aktuell immer noch schwer. Doch zum Glück schließen sich Nachbar:innen zusammen, um die Geschäfte in ihrer Umgebung zu unterstützen – so auch bei der Backstube Vollkornbäckerei in Berlin-Kreuzberg, die aktuell viele Herausforderungen zu stemmen hat.

Der Duft nach frischem Brot erfüllt die Straßen, Croissants versüßen den Sonntagmorgen – Bäckereien und das Handwerk dahinter sind nicht nur wichtiger Bestandteil der deutschen Kultur, sondern auch eine wertvolle Bereicherung für jede Nachbarschaft.

Vom beliebten Roggenbrot über die luftige Ciabatta-Stange bis zum Dinkelbrot mit Sauerteig: In der „Backstube” in Berlin-Kreuzberg ist für jeden etwas dabei.

Seit 1981 ist die Vollkornbäckerei in der Wassertorstraße Teil der Kreuzberger Nachbarschaft

Bild: pexels
Leckereien von der Lieblingsbäckerei nebenan versüßen den Tag. (Bild: Tim Douglas)

Hier haben alle die Verantwortung

Hier haben alle die Verantwortung für gutes Brot und die Gemeinschaft. (Bild: Die Backstube Vollkorn Bäckerei GmbH)

„Wir sind in einer Ecke, die in Kreuzberg touristisch sehr wenig wahrgenommen wird. Hier wohnen oft Leute, die weniger Geld haben – das war früher auch schon so. Die Backstube hat ihre Räume damals angeboten bekommen, weil das Quartiersmanagement nicht wollte, dass der Kiez ganz ausstirbt“, erzählt Bäckermeister:in Ziska.

Das Besondere: Von Beginn an ist der Betrieb im Kollektiv organisiert, das heißt die Verantwortung liegt in den Händen der Menschen, die backen, ausliefern und verkaufen – so auch Ziska.

Dem Kollektiv geht es dabei um mehr als Arbeit, sondern darum sich umeinander zu kümmern und sich gegenseitig zu unterstützen.

Die vergangenen zwei Jahre mit Lockdowns und ständig neuen Regelungen haben an den Kräften gezehrt.

„Wir hatten viele Einbußen. Zuerst haben wir gedacht, die Pandemie betrifft uns nicht, weil Brot wollen die Leute ja immer essen. Aber es hat sich herausgestellt, dass die Maßnahmen doch dazu führen, dass Leute weniger in kleinen Läden wie unserem einkaufen. Kleine Betriebe werden zudem viel zu wenig unterstützt, um durch die Corona-Zeit zu kommen“, sagt Ziska.

Doch es zeigte sich auch, dass die meisten Kund:innen weiter zu der besonderen Bäckerei halten und Verständnis für die aktuelle Lage haben.

Alleine schaffen wir es nicht!

Als wären die Herausforderungen durch die Pandemie nicht genug: Seit Anfang 2020 kämpfen die Brot-Liebhaber:innen mit einer Lärmbeschwerde. Denn der Altbau, in dem die Köstlichkeiten hergestellt werden, lässt Schritte und andere Geräusche direkt zu den angrenzenden Nachbar:innen schallen.

Alle lärmreduzierenden Maßnahmen, die die Bäcker:innen gemeinsam mit ihren Nachbar:innen ausprobiert haben, reichen leider nicht aus. Die einzige Möglichkeit, um einer Schließung zu entgehen, ist ein Umbau. 50.000 Euro kommen jetzt auf das Kollektiv zu – eine riesige Summe für die Backstube.

Als die Nachbarschaft von der drohenden Schließung erfährt, wird sie aktiv. Eine von den besorgten Nachbar:innen ist Ursula.

Sie teilt kurzerhand einen Spendenaufruf auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de. Die Kreuzbergerin ist nämlich nicht nur von den Produkten der Backstube überzeugt, sondern auch von deren Hilfsbereitschaft.

Für das eigene Brotbacken verkaufte ihr das Kollektiv hochwertiges Getreide und schenkte ihr einen Sauerteig zum Starten. 

Aufruf von Ursula zur Erhaltung des Bäckerkollektivs
Nachbarin Ursula will der "Backstube" helfen. (Bild: nebenan.de)
Seit über 40 Jahren ist die Vollkornbäckerei wichtiger Teil der Nachbarschaft. (Bild: Die Backstube Vollkorn Bäckerei GmbH)

„Außerdem wusste ich von den Problemen der Bäckerei von meiner solidarischen Landwirtschaft Basta aus dem Brandenburger Oderbruch – die kooperiert mit der Backstube. Die Backstube verbäckt Getreide der SoLaWi, was größere Bäckereien bestimmt nicht machen würden“, sagt Ursula.

Die engagierte Anwohnerin ist begeistert von der Resonanz und der Unterstützung auf der Nachbarschaftsplattform.

„Ich hoffe, dass das Backkollektiv ausreichend Spenden und auch Kredite bekommt, damit sie den Umbau finanzieren können. Es wäre sehr schade, wenn es sie in meiner Nachbarschaft in Kreuzberg nicht gäbe.“ 

„Wir wollen nicht aufhören, gutes Brot für die Menschen zu backen!“

Seit über 40 Jahren ist die Vollkornbäckerei Teil des Kiezes – und will das auch noch mindestens weitere 40 Jahre bleiben.

Die bunte Nachbarschaft ist füreinander da, wenn es hart auf hart kommt, und feiert gemeinsam die guten Zeiten.

„Wir haben ein nettes Mehrgenerationenhaus in unserer Straße, wo es neben Nachbarschaftstreffen auch kostenlose Lebensmittel gibt und hin und wieder wird auf dem Kastanienplatz ein Fest gefeiert“, so Ziska.

14.200 Euro Spenden sind bisher auf der Spendenplattform eingegangen. Zum Zwischenziel von 15.000 Euro fehlen noch 800 Euro (Stand: 11.02.22)

Ob 10 oder 1.000 Euro – das Backkollektiv ist begeistert von dem Engagement der Nachbarschaft: „Wir sind wirklich froh, dass die Community uns unterstützt – denn alleine können wir derzeit so ein Bauprojekt nicht stemmen. Es wäre fantastisch, wenn sich die Mühe lohnt und wir weiter gutes Brot für die Menschen backen können!“ 

Die Rettungsaktion schafft es sogar ins Radio: Bei rbb 88.8 teilen sie im Rahmen der „Lieblingsnachbarn" ihren Erfolg:


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Lena M. Kaufmann | nebenan.de

Lena unterstützt das Content Marketing Team von nebenan.de als freie Texterin. Sie studiert nachhaltige Wirtschaft im Master und war zuvor als Strategie- und PR-Beraterin tätig.