Bild: Start with a Friend e.V.
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Für eine offene Nachbarschaft: Wie Geflüchtete zu Nachbarn werden


Wie kann Nachbarschaft zu gelungener Integration beitragen? Über nebenan.de kannst auch du geflüchteten Menschen das Ankommen in der Nachbarschaft erleichtern. Diese vier Prinzipien des guten Zusammenlebens helfen dir dabei.

Seit 2015 sind über 1,5 Mio Menschen aus unterschiedlichen Ländern, Kriegs- und Krisensituationen nach Deutschland geflüchtet. Mit sich brachten sie neue Lebensgewohnheiten und Weltanschauungen in viele Nachbarschaften.

Während die neuen Nachbarn an vielen Orten mit offenen Armen empfangen wurden, trafen sie andernorts auf Skepsis und Zurückhaltung.

Warum klappt das mancherorts besser als in anderen Nachbarschaften? Wie kann ein gutes und offenes Miteinander auch in multikulturellen Nachbarschaften gelingen? 

Sonja (Bild: privat)

Sonja hat mit solchen Fragen Erfahrung:

Als Geschäftsführerin der Flüchtlingshilfe Harvesthude engagiert sich die 39-jährige seit 2015 in der nachhaltigen Integrationsarbeit für ein gutes Miteinander zwischen Geflüchteten und “alteingesessenen” Nachbarn.

Mit Erfolg: 2018 wurde das Projekt für den Deutschen Nachbarschaftspreis nominiert.

Für Sonja ist klar: Die Flüchtlingshilfe funktioniert in Harvestehude so gut, weil es so viele Möglichkeiten der Begegnung gibt: "Gerade unsere offene Tür nimmt Berührungsängste für Menschen, die Vorbehalte haben.“

Von gelungener Integration sprechen wir dann, wenn wir aufhören, zwischen ‘denen’ und ‘uns’ zu unterscheiden.
Mohamed (Bild: Privat)

Mohamed kommt aus einem kleinen syrischen Dorf und lebt seit 2015 in Hamburg.

Er hat sich gut eingelebt: Momentan absolviert er seine zweite Ausbildung zum Koch und hat letztes Jahr bei einem Hamburger Kochwettbewerb den dritten Platz gewonnen.

Gemeinsam stellen Sonja und Mohamed Prinzipien des guten Zusammenlebens vor:

4 Prinzipien des guten Zusammenlebens 

  • Sich offen begegnen

    Die Begegnung von zwei sich fremden Menschen ist immer eine neue kleine Herausforderung – das gilt natürlich auch für Geflüchtete. Neugierig und offen zu sein, hilft dabei.

    Sonjas Ratschlag: “Wenn ich auf Menschen zugehe, versuche ich authentisch zu sein und möchte ehrlich wissen, was den anderen umtreibt.”

    Mohamed stimmt ihr zu: “Traut euch, ins Gespräch zu kommen! Wir sind auch nur Menschen wie alle anderen.”

  • Keine Angst vor Fettnäpfchen

    Viele Nachbarn haben große Angst davor, sich im Umgang mit Geflüchteten ungeschickt anzustellen – laut Sonja ist das meist unbegründet.

    “Manche Ehrenamtliche machen sich große Sorgen, was sie gemeinsam mit den Geflüchteten kochen dürfen: Was überhaupt halal ist, ob Fleisch in Ordnung geht und so weiter. So ein ‘taktisches’ denken lähmt aber das Miteinander", erklärt sie.

    Sonjas Empfehlung: Folge deiner Intuition oder frage einfach nach.

  • Umgang mit Vorurteilen und Konflikten

    Wer hat sie nicht? Vorurteile sind alltäglich, gerade gegenüber Menschen, die uns unbekannt sind.

    Auch auf nebenan.de passiert es, dass eine unschuldige Frage nach Hilfe für Geflüchtete schnell zu einem sehr emotional geführten Konflikt führt.

    Wie kommt man dann zurück zu einem guten Austausch?

    Was immer hilft: Erst mal tief durchzuatmen und nicht gleich mit der eigenen Meinung dazwischen zu fahren – denn das führt meist nur zu weiterer Eskalation.

    Stattdessen gibt es die besten Aussichten auf einen fruchtbaren Dialog, indem du über die Vorurteile offene Fragen stellst. Die Frage “Warum denkst du das?” kann sehr entwaffnend sein, wenn sie offen und neugierig gestellt wird. Weitere Hinweise dazu hat das KIB-Institut In der Broschüre “Umgang mit Vorurteilen gegenüber Geflüchteten” gesammelt.

  • Begegnungen schaffen

    Das wichtigste Mittel gegen Vorurteile ist, Möglichkeiten der Begegnung zu schaffen. So kann man sich einfach mal ungezwungen kennenlernen und merkt schnell, dass die andere Person auch nur ein Mensch ist.

    “Für gelingende Integration ist es daher auch hilfreich, wenn Geflüchtete dezentral untergebracht werden, um mit der Nachbarschaft gut in Kontakt zu kommen.” rät Sonja.

    Auch in deiner Nachbarschaft kannst du Möglichkeiten der Begegnung schaffen. Lass dich von unseren Ratschlägen für Aktivitäten in der Nachbarschaft inspirieren.

Diese drei Formate eignen sich besonders gut, um Menschen das Ankommen in der Nachbarschaft zu erleichtern: 

  • Beim Essen zusammen kommen

    2015 kam Mohamed aus Syrien nach Hamburg. Während des Deutschunterrichts in seiner Sprachenschule kam die Initiative Welcome Dinner zu Besuch und lud ihn und andere Schüler als Gast für ein gemeinsames Abendessen mit Einheimischen ein.

    Der Besuch war ein voller Erfolg: Mohamed und die Familie, die ihn damals eingeladen hatte, sind heute immer noch Freunde. Sie halfen ihm bei der Wohnungssuche in seiner neuen Heimat.

  • Mit Sprache verbinden

    Sich verständigen zu können ist die Grundvoraussetzung für ein gutes Miteinander. Darum ist es für Geflüchtete ein wichtiger Schritt, Deutsch zu lernen, um in der neuen Nachbarschaft anzukommen.

    Hier kannst du sie unterstützen: Du kannst dich beispielsweise einfach als Tandem-Partner anbieten. So könnt ihr euch im entspannten Rahmen über Alltagsthemen auf deutsch austauschen.

  • Durch Patenschaften richtig ankommen

    Es braucht Zeit, bis sich Geflüchtete richtig angekommen fühlen und sich die Nachbarn an sie gewöhnt haben. Patenschaftsprojekte wie die Ankommens-Patenschaften in Jena sind eine tolle Möglichkeit, einen längerfristigen Kontakt in der Nachbarschaft aufzubauen und so für eine gute Integration zu sorgen. Auch die Idee der Initiative “Start with a friend” ist einfach und genial zugleich: Jeder Mensch braucht einen ersten Freund, um in der neuen Umgebung ein neues Leben starten zu können.

    Orientierung kann der Leitfaden für die Praxis der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V sein.

    Weitere spannende Projekte von der Stiftung Bürgermut und Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V findest du in der Broschüre “Refugees. Richtig gute Projekte, Tipps & Tools.

Zum Nachmachen in deiner Nachbarschaft:

  • Überlege dir, welches Format dich anspricht und in deiner Nachbarschaft gut möglich und sinnvoll ist.

  • Erkundige dich auf nebenan.de, wie du mit Geflüchteten aus deiner Nachbarschaft Kontakt aufnehmen kannst. Eventuell gibt es schon Initiativen, die ehrenamtliche Unterstützung brauchen. Schau dich dazu auch bei den Organisationen in deiner Nachbarschaft um.

  • Bitte deine Nachbarn um weitere Unterstützung, falls du sie brauchst.

  • Unterstütze schon vorhandene Projekte oder starte selbst eine Aktion. Das muss gar kein riesiger Schritt sein! Einfach nur ein kleines Treffen zu arrangieren oder ein erstes Gespräch zu starten kann schon großes bewirken.

  • Teile deine Geschichte bei nebenan.de und zeige deinen Nachbarn, wie leicht ein kleiner Schritt für mehr Miteinander sein kann.


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Jonas Baumgart | nebenan.de

Jonas ist bei nebenan.de seit Oktober 2017 der Ansprechpartner für Besonders Engagierte Nachbarinnen und Nachbarn. Zuvor arbeitete er als Event-Manager und Volontär in verschiedenen Projekten von Dresden über Dublin bis Südamerika.