Bild: nebenan.de
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Rassismus vor der eigenen Haustür – Berliner Nachbarn zeigen Solidarität


Alyssa wehrt sich gegen Männer, die an ihr Haus urinieren wollen und erntet dafür rassistische Beleidigungen. Bei nebenan.de solidarisieren sich ihre Nachbarn mit ihr und setzen ein Zeichen gegen Rassismus in ihrer Nachbarschaft.

„Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist!“ Diesen Satz hört Alyssa aus Berlin-Karlshorst oft im Alltag. Sie fragt sich: „Aber wo soll ich denn hin?“ 

Alyssa ist in Berlin-Hellersdorf geboren und aufgewachsen. Seit vier Jahren lebt sie in ihrer Nachbarschaft Berlin-Karlshorst und sagt: “Ich bin doch von hier "gekommen", bin hier geboren und aufgewachsen, habe hier gelebt und geliebt.”

Sie ist bei weitem nicht die einzige, die sich regelmäßig mit Alltagsrassismus konfrontiert sieht.

Mehr als ein Viertel aller Beratungsanfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes betreffen die Themen Rassismus und ethnische Herkunft. Das geht aus dem Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für das Jahr 2019 hervor.

Rassismus in der Nachbarschaft 

Bisher hat sich Alyssa in ihrer Nachbarschaft in Berlin-Karlshorst sicher und wohl gefühlt. Alltagsrassismus kennt sie zwar, aber mit gesundem Selbstbewusstsein hat sie einen Umgang mit rassistischen Situationen gefunden.Doch als sie quasi in ihren eigenen vier Wänden verbal angefeindet wird, kann sie das Erlebte nicht für sich behalten. 

Es ist ein sommerlicher Dienstagabend in Karlshorst und Alyssa sitzt entspannt in ihrer WG-Küche, als sie plötzlich laute Stimmen von der Straße hört.

Ihr Mitbewohner kommt stürmisch zur Haustür herein und geht direkt auf den Balkon. Alyssa folgt ihm neugierig.

Unten vor dem Haus stehen zwei stark alkoholisierte Männer, die gegen den Gartenzaun urinieren wollen. Als Alyssas Mitbewohner sie davon abhalten will, erwidern sie aggressiv:

„Was willst du eigentlich? Willst du Stress? Ich kann machen, was ich will. Komm her, wir regeln das!“

Alyssa beobachtet die Diskussion zwischen ihrem Mitbewohner auf dem Balkon und den beiden Männern unten vor dem Haus. Als Alyssa sich einmischt, feinden die beiden sie an: „Misch dich hier nicht ein! Wo kommst du eigentlich her? Wir zahlen Steuern, damit ihr hier wohnen dürft!“ 

Nachbarn reagieren mit Solidarität 

Längst geht es nicht mehr ums Urinieren, sondern die beiden Männer beleidigen lautstark Alyssa und ihren Mitbewohner mit hauptsächlich rassistischen Äußerungen. Ihre Nachbar*innen werden auf die Auseinandersetzung aufmerksam und mischen sich ein. Doch erst als ein Nachbar die Polizei ruft, gehen die beiden Männer weg. 

Die Anteilnahme ihrer Nachbar*innen hat ihr in der schwierigen Situation Mut gegeben: 

Es tat gut, zu merken, dass wir nicht allein sind und alle Nachbarn auf unserer Seite stehen.

Rassismus-Erfahrung teilen 

Am nächsten Tag teilt Alyssa das Erlebte mit ihren Nachbar*innen auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de. Normalerweise teilt Alyssa nicht gerne Details ihres Privatlebens in sozialen Netzwerken. Lieber ist es ihr, mit Menschen persönlich ins Gespräch zu kommen. Doch in diesem Fall macht sie eine Ausnahme. 

(Screenshot: nebenan.de)

Alyssas Nachbar*innen zeigen ihre Anteilnahme an dem Geschehenen und stellen sich solidarisch an ihre Seite.

Nachbar Alexander schreibt an Alyssa:

„Schön, dass ihr nicht allein wart und die Geschichte glimpflich ausgegangen ist. Schade, dass man im Jahr 2020 über die Herkunft eines Menschen diskutieren oder sich wegen seines Aussehens beleidigen und bedrohen lassen muss.

Aber auch toll zu lesen, dass Menschen mit Anstand in der Nähe waren und zu euch gestanden haben. Das macht Mut! :)“

Für einige Nachbar*innen gibt Alyssas Beitrag den Anstoß, von eigenen Rassismus-Erfahrungen zu berichten. „Eine Nachbarin hat mir geschrieben, dass sie als Schwangere mal in den Bauch geboxt wurde - absurd!”, berichtet Alyssa bestürzt. Teils verschwiegene Erlebnisse mit anderen Betroffenen zu teilen, tut allen gut. 

„Durch die Reaktionen und Kommentare meiner Nachbar*innen, habe ich mich nochmal mit der Situation auseinandersetzen können”, berichtet Alyssa. 

Und noch einen Vorteil sieht Alyssa in ihrem Schritt an die Öffentlichkeit: „Es schützt ein wenig auch mich selbst. Die Leute sind jetzt wachsamer und sensibler für solche Situationen in unserer Nachbarschaft.”

Alyssa weiß, dass ihre Nachbarinnen und Nachbarn im Fall der Fälle für sie da sind – das hat nicht nur die Situation an sich gezeigt, sondern auch die vielen positiven und stärkenden Kommentare unter ihrem Beitrag. 

Umgang mit Alltagsrassismus 

Die Situation mit den Männern vor ihrem Haus hat Alyssa nochmal mehr dazu gebracht, über offenen und versteckten Rassismus in ihrem Alltag nachzudenken: 

Bisher hat sich Rassismus oft nur gegen mich alleine gerichtet, aber diesmal waren so viele betroffen. Mein armer Mitbewohner hat das nicht verdient! Menschen wie ihm möchte ich jetzt noch mehr eine Stütze sein und in Form von Gesprächen Aufklärungsarbeit ermöglichen.

Bist du von Rassismus im Alltag betroffen? Hier findest du Hilfe und Rat:  


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Rosanna Steyer | nebenan.de

Rosanna ist seit April 2023 Kommunikationsmanagerin bei der nebenan.de Stiftung. Gemeinsam mit ihren Kolleg:innen setzt sie sich für die Förderung von konkretem, freiwilligem Engagement in Nachbarschaft und Gesellschaft ein.