Bild: Laetitia Vancon
Bild: Laetitia Vancon

Coronahilfe von nebenan – Das bewirkte die Hotline für Nachbarschaftshilfe


Wer im Corona-Alltag Unterstützung brauchte, konnte unter der kostenlosen Hotline der nebenan.de Stiftung ein Hilfe-Gesuch aufgeben. Welche Begegnungen sind dadurch entstanden? Wie gut wurde das Angebot angenommen? Wir haben mit Hilfesuchenden und Helfern über ihre Erfahrungen gesprochen.

Was ist die “Coronahilfe von nebenan”? 

nebenan.de rief Mitte März 2020 die “Coronahilfe von nebenan” ins Leben, um Menschen während der Corona-Pandemie Nachbarschaftshilfe zu vermitteln. Insbesondere Personen aus der Risikogruppe, die keinen Internetzugang haben, sollten während des Lockdowns schnelle Hilfe aus der Nachbarschaft bekommen können. 

Dazu schaltete die gemeinnützige nebenan.de Stiftung die kostenlose Hotline für Nachbarschaftshilfe unter 0800-866 55 44. Über die Hotline sowie über ein Online-Formular konnten Personen ein Hilfe-Gesuch aufgeben. Dieses wurde dann nach Postleitzahl sortiert ins geschützte Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de eingespielt. Nur adressverifizierte nebenan.de-Nutzer*innen konnten die Gesuche unter nebenan.de/corona einsehen und Kontakt zu den Hilfesuchenden aufnehmen.  

Wie gut wurde die “Coronahilfe von nebenan” angenommen? 

Insgesamt gingen von Mitte März bis Ende Juli 2020 über 7.600 Hilfe-Gesuche ein. 85% konnten erfolgreich vermittelt werden. 

  • Mit Abstand am häufigsten wurde Hilfe beim Einkaufen benötigt, gefolgt von Hilfe im Haushalt oder bei der Tierbetreuung.
  • Über 12.400 bei nebenan.de registrierte Nachbar*innen boten ihre Hilfe an; auf viele Hilfe-Gesuche reagierten gleich mehrere hilfsbereite Nachbar*innen.
  • Meistens kam die Hilfe sehr schnell zustande: Über 40% der Hilfesuchenden erhielten innerhalb weniger Stunden einen Rückruf von hilfsbereiten Nachbar*innen; 80% innerhalb von 1-2 Tagen.
  • Aus einer Umfrage ging hervor, dass am häufigsten Frauen zwischen 45 und 65 ihre Hilfe anboten, 10 Prozent der Helfer*innen waren sogar selbst ü65.
  • Die schönste Nachricht: Aus rund 30% der vermittelten Nachbarschaftshilfe hat sich eine regelmäßige Unterstützung entwickelt.

Es sind zahlreiche schöne Begegnungen durch die Aktion „Coronahilfe von nebenan“ zustande gekommen – einige besonders schöne stellen wir euch in diesem Beitrag vor.

Hamburg: Einkaufshilfe für ältere Nachbarin

Ulrike aus Hamburg (Bild: privat)

Die 50-jährige Hamburgerin Ulrike lebt mit ihrem Mann in Ottensen und hat sich vor 12 Jahren im Bereich nachhaltiger Konsum und ethisches Handeln selbstständig gemacht.

Besonders jetzt in Zeiten von Corona hilft sie in ihrer Nachbarschaft, wo sie kann. Auf nebenan.de/corona entdeckt sie das Hilfe-Gesuch einer 84-jährigen Nachbarin. Ulrike zögert nicht und ruft ihre noch unbekannte Nachbarin an:

„Anfangs ging sie nicht an ihr Handy. Erst nachdem ich ihr eine SMS hinterlassen hatte, meldete sie sich ganz schüchtern. Sie tat sich sehr schwer, um Hilfe zu bitten“, erinnert sie sich.

Nach und nach vertraut sich die Nachbarin Ulrike an. Momentan möchte sie nicht in den Supermarkt gehen, da sie sehr anfällig für Lungenentzündungen ist. Das Einkaufen übernimmt Ulrike gerne für ihre betagte Nachbarin Frau B., die Übergabe der Einkäufe erfolgt aus Sicherheitsgründen kontaktlos

Frau B. gibt mir telefonisch ihre Wünsche durch, ich stelle ihr die Einkäufe vor die Wohnungstür und sie gibt mir durch den Türschlitz einen Umschlag mit Geld für die Einkäufe.

Außerdem führt Ulrike jeden zweiten Tag den kleinen Pudel von Frau B. aus, der sich über die Bewegung und die Abwechslung immer sichtlich freut. Das Verhältnis zu Frau B. ist mit der Zeit auch vertrauter geworden und die beiden Frauen telefonieren nun auch regelmäßig. „Ich merke, wie sie auflebt und öfter lacht und das macht mich richtig glücklich“, freut sich Ulrike.

Es ist doch wunderbar, wie durch Helfen eine Gemeinschaft entsteht. Ein friedliches Miteinander wirkt sich für jeden von uns positiv aus, emotional wie auch gesundheitlich.

Köln: Hilfe in der Quarantäne

Merle aus Köln (Bild: Joachim Gern)

Die 32-jährige Merle aus Köln ist als freischaffende Schauspielerin selbst stark von der Corona-Krise betroffen. Was bleibt, ist viel unverhoffte Zeit zu Hause. Doch anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, will sie die Zeit nutzen, um ihren Nachbarn zu helfen.

„Die Vorstellung, dass viele Menschen nebenan allein in ihren Wohnungen sitzen und nicht rausgehen können, hat mich sehr berührt. Mir war sofort klar, ich will helfen!“

Auf nebenan.de erreicht sie ein Hilfe-Gesuch aus der Nachbarschaft: Ihre Nachbarin Sonja ist an COVID-19 erkrankt und befindet sich seit mehreren Wochen in Quarantäne. Über die Hotline für Nachbarschaftshilfe „Coronahilfe von nebenan“ sucht sie dringend eine Einkaufshilfe.

Merle meldet sich direkt telefonisch bei ihrer kranken Nachbarin. „Über die Sonderseite nebenan.de/corona ging das ganz schnell und unkompliziert“, erzählt sie.

Nach einem ausführlichen Telefonat macht sich Merle mit dem Einkaufszettel auf den Weg in den Supermarkt. Sie stellt die vollen Einkaufstüten vor Sonjas Tür; diese nimmt die Einkäufe erst entgegen, als Merle schon weg ist. Die kontaktlose Übergabe ist beiden wichtig, um eine Ansteckung auszuschließen.

„Es hat sich ganz toll angefühlt, zu helfen", erzählt Merle. Deshalb geht sie nun regelmäßig für Sonja einkaufen.

Nachbarschaftshilfe ist für mich selbstverständlich. Ich habe mir vorgestellt, was ich mir in dieser schwierigen Situation wünschen würde und habe versucht meiner Nachbarin genau das zu geben.

Doch es bleibt nicht bei der Einkaufshilfe: Bei den ersten Telefonaten stellen Merle und Sonja schnell fest, dass sie gleich alt sind und viele Interessen teilen. Seitdem telefonieren die beiden Frauen öfters und führen längere Gespräche. „Es tut einfach gut, sich über die aktuelle Situation auszutauschen – mit einer (noch) fremden Person ist das aufregend und schön zugleich“, erzählt Merle.

Nach der Corona-Krise wollen die beiden Nachbarinnen sich auf jeden Fall bei einem ausführlichen Kaffeeklatsch persönlich kennenlernen.

Berlin: Hilfe bei der Wäsche für blinden Nachbarn

Michael Vollmann hilft seinem blinden Nachbarn (Bild: privat)

Auch Michael Vollmann, Mitgründer von nebenan.de und Geschäftsführer der nebenan.de Stiftung, konnte über www.nebenan.de/corona bereits auf ein Hilfe-Gesuch reagieren – und zwar auf ein etwas Ungewöhnliches:

Ein sehbehinderter Nachbar von ihm braucht Hilfe beim Wäschewaschen. Da seine Freundin weit weg wohnt und ihn dabei derzeit nicht unterstützen kann, sucht er nun dringend Hilfe in seiner direkten Nachbarschaft.

Einen Anruf später und drei Straßen weiter nimmt Michael den vollen Wäschekorb seines Nachbars entgegen – für ihn eine Selbstverständlichkeit:

Ich helfe gerne in meiner Nachbarschaft, das ist in meinen Augen die schnellste und menschlichste Art der Unterstützung.

Einen Waschgang später liefert er die saubere Wäsche wieder bei seinem Nachbar ab. Der freut sich über die schnelle und unkomplizierte Nachbarschaftshilfe. „Es war eine nette Begegnung und ein spannender Einblick in das Leben eines sehbehinderten Menschen,“ findet Michael.

Er steht auch gerne für zukünftige Hilfe-Anfragen zur Verfügung, denn:

Geben macht unglaublich glücklich. Man bekommt so viel mehr zurück, als man gibt!

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Johanna Falkenstein | nebenan.de

Johanna unterstützt das Kommunikationsteam von nebenan.de seit April 2018. Unter anderem beschäftigt sie sich mit Begegnungsformaten in der Nachbarschaft – online und offline.